Über Herwig Finkeldey

Meine Heimat sind die Ostseewellen wenn sie kommen und zerschellen. Heimat kommt, Heimat geht Heimat ist, was nicht besteht.

VOLLMONDZEILEN

Auf irgendeinem Server lauert mein Tod
und sagt laut, denn er weiß es besser:
Was geht es mich an, dieses fünfte Gebot?
Für Dich
nehme ich
das lange Messer

Und schneidet Dich haargenau in die Teile,
die sich niemals wieder verbinden
können. Nicht mal im Totenreich, der ewigen Weile
werden die Teile zueinander finden

können. So bleibst Du ganz alleine (alternativ „auf Nazi“: Jedem das Seine)
ein Fleischwolf dreht sich im Abendlicht.
Raben zerhacken blinde Beine
und Charon rudert zum Gericht.

DAS DUNKEL DES GELEBTEN AUGENBLICKS

Damit ein Flugzeug abstürzt, so sagt man, müssen mindestens sieben unwahrscheinliche Ereignisse zusammenkommen. Ähnlich sollte man denken, wenn es um den 30. Januar, vielleicht wenn es um geschichtliche Ereignisse überhaupt geht. Monokausal laufen die nämlich nicht ab. Das häufig ideologisch motivierte Fixieren nur eines Faktors hat mich nie überzeugt.

So ist der erste Weltkrieg und sein Ergebnis zuallererst in den Blick zu nehmen.
Er hinterließ – ob berechtigt oder nicht – eine narzisstisch gekränkte Gesellschaft, die in ihren völkisch orientierten Anteilen nur auf die Revision dieses Friedens wartete. Dazu verwendeten die Völkischen innenpolitisch eine vergiftete Kommunikation, wie wir sie heute beinahe eins zu eins bei den Neuen Rechten wiederfinden. Leseempfehlung hierzu: Ernst von Salomon, „Der Fragebogen“, die Kapitel über die Landvolkbewegung in Schleswg-Holstein. Und Thomas Manns Polemik gegen „Nacht-K.“, einem namentlich nie bekannt gewordenen Schreiber, der Thomas Mann in der „Berliner Nachtausgabe“ Vaterlandsverrat vorgeworfen hatte.

Hinzu kam eine ideologische Großwetterlage, die von Nationalismus und Selbststolz, auch „Heimatliebe“ genannt, geprägt war. Gewissermaßen ein völkischer Existenzialismus. Eine völkische Romantik. Politik alleine galt als undeutsch. Wobei die handfeste Ausprägung dieser völkischen Romantik durchaus wenig romantisch wirkte.
Dieser rechts-existenzielle, völkische Intellektualismus korrespondiert – wie heute auch wieder – mit einer Linken, die sich und ihren Einfluß maßlos überschätzt. Vor allem, weil sie Berlins Mitte mit dem ganzen Land verwechselt, damals wie heute („Und dann gehts ab ins PiPaPo…“ Gottfried Benn über damalige Salonrevolutionäre; leider hatte er recht). Über diesen Kulturkampf, dessen Sieger ich auch heute nicht links sehe, schrieb ich gestern.

Sodann kommt ideologisch noch etwas hinzu, was viele in meiner Timeline kaum sehen. Vielleicht, weil meine Timeline einseitig geisteswissenschaftlich ausgerichtet ist. Ich will sie mal die biologistische Komponente nennen.
Es war damals naturwissenschaftliche Mode, den Volkskörper metaphorisch wie konkret zu behandeln, als handele es sich um einen erkrankten, unrein gewordenen Patienten. Religion und Medizin ergänzten sich dabei „wunderbar“. Für diese unreinen Körper gab es das Fach „Sozialhygiene“ und – Nomen est Omen – die verschärfte Variante, die „Rassehygiene“. Benn sprach auch ,mal vom „hygienischen Zeitalter“.
Der Volkskörper ist etwas, was rein zu halten ist.
Neben der Hygienemetapher – Bedrohung durch Eindringlinge von außen – gab es noch die Krebsmetapher. Im Rahmen der zivilisatorischen Entwicklung überlebten immer mehr Menschen die Armutserkrankungen. Und Krebs wurde eine Volksseuche. Krebs, das war gewissermaßen der innere Feind.
Die Methoden, um äußere wie innere feinde loszuwerden, waren eliminatorische.
Nun musste man nur noch im „Volkskörper“ die äußeren und inneren Feinde definieren…

Den Einfluß der Weltwirtschaftskrise sollte man sehen. Entscheidende Wählerstimmen – nicht vermehrte Rekrutierung von Parteigenossen vielleicht, aber Wählerstimmen – dürften hierdurch gekommen sein.

Soweit, so schlecht.

Und doch ist der 30. Januar auch ein ungeheuerliches Stück, gedrängt auf wenige Tage, eine Tragödie zwischen Schmiere und Shakespeare. Da fährt ein falscher Hitler mit aufgeklebtem Bärtchen aus einer Kölner Villa, derweil der echte bleibt und Ränke schmiedet.
Da finden im Haus eines schwachköpfigen Adeligen („diesen und die nächsten drei/übernimmt die deutsche Reichkanzlei“) in Berlin, der in eine Sektdynastie eingeheiratet hat und daraus Bedeutung saugt, Verabredungen haarscharf an der Grenze zur Verfassung statt.
Und am 30.01. morgens kommt ein Militär aus Genf und wird vom Präsidentensohn am Anhalter Bahnhof abgefangen, damit ihn dessen Chef nicht ins Gesichtsfeld bekommt. Dieser Nachtzügler soll Reichswehrminister werden, da stört dessen Chef und ausgewiesener Hitlergegner, General von Hammerstein, nur. Hammersteins Adjutant wird kurzerhand beiseite geschoben. Dieser General aus Genf, von Blomberg, wird Reichswehrminister werden und verfassungswidrig noch vor dem Kanzler vereidigt. Ziel: Die Reichswehr für den neuen Machthaber einnehmen. Bis zuletzt wird Hitler glauben, Blomberg habe einen Putsch gegen ihn verhindert.
So wird der Boden vorab intrigiert und kultiviert.
Und als Ergebnis ist der Wahlverlierer vom November 1932 Reichskanzler. Und die Kommunisten sehen noch immer die „Sozialfaschisten“ der SPD als Hauptfeinde an. „Der Kommunismus siegt!“ schrieb die Rote Fahne nach dem 30.01. selbstherrlich. „Da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.“ so Bert Brecht.
Teile der SPD glaubten an eine Selbstentzauberung Hitlers.
Schließlich reagierten viele fatalistisch und uinpolitisch, wie der Mensch nun mal mehrheitlich ist: Ein Regierungswechsel von vielen. Auch das geht vorbei. Spätestens am 27.02.1933 dürften diese Illusionen zerplatzt gewesen sein.

In der Summe handelten, lebten und urteilten alle Zeitgenossen so, wie wir es heute auch noch tun: „Im Dunkel des gelebten Augenblicks“.

HÖCKES STIMULANZ

Kaum etwas anderes stimuliert die AfD so sehr, wie die Angst des Bürgers vor ihr! Typen wie Höcke berauschen sich an genau der Angst, die sie selbst ausgelöst haben!
Deswegen ist das – ja auch inhaltlich leere – Gerede von einem „Neuen 30. Januar“, der angeblich kurz vor der Tür steht, so unglaublich kontraproduktiv.

EXISTENZ UND IDENTITÄT 5

Wenn es so etwas wie Identität überhaupt gibt, dann wird sie gelebt, nicht deklamiert. Woher übrigens soll ich wissen, wer ich „bin“. „Der Mensch ist gar nicht so, er ist ganz anders.“ wusste Kurt Tucholsky schon und benannte damit einen wesentlichen Irrtum der damaligen – und heutigen – Rechten. Nämlich deren identitären Irrglauben, dass das deutsche Wesen so sei, wie sie Nietzsche missverstanden haben.
Ansonsten gilt: Reiten, Bogenschießen, die Wahrheit sagen!

DE SANTIS GIVES UP!

Ok, also Trump.

Wir dürfen nie vergessen, dass Trump im Februar 2020 im Fond der luftgefederten und ledergepolsterten Limo on the road zur zweiten Präsidentschaft gewesen ist. Glänzende Wirtschaftsdaten, hohe Umfragewerte.

Dann kam das Virus.Und nur die Pandemie und sein katastrophaler Umgang damit haben ihn damals gestoppt.

Ich habe zu wenig Phantasie, um mir irgend etwas ähnliches vorzustellen. Sein Cholesterinspiegel kann vielleicht noch helfen. Wackeldackel Biden alleine wird ohne göttlichen Beistand gegen Trump chancenlos sein.

Ich sehe Trump schon beim Fernsehshowdown Biden auf die Schulter klopfen – und diesen dann durchgeschüttelt k.o. gehen. Ohweh…

NYT


Ein wichtiger Text ( https://www.nytimes.com/2024/01/13/opinion/israel-gaza-war.html?smid=url-share ),bedenklich vor allem das Argument, dass ein taktischer Sieg auch eine strategische Niederlage sein kann. Und dass eine strategische Niederlage eben die Sicherheit Israels nicht verbessert, was ja das Endergebnis des Krieges sein soll.
Schade aber, dass auch Nickolas Kristof vor der Frage kneift, wie man mit einer solchen Todeskult-Truppe wie der Hamas umgehen kann, ohne in deren Falle der medialen Opferinszenierung zu tappen. Denn darauf läuft ja alles hinaus. Die Hamas will diese Bilder haben.
Auch die Frage, in welche Kanäle , resp. Tunnel die massiven Hilfsgelder für Gaza verschwunden sind, stellt Kristof nicht. Dabei gehört diese Frage definitiv zur Analyse des Konflikts.
Manchmal denke ich, dass sogar Ytzhak Rabin nicht groß anders gehandelt hätte, als die derzeitige, so schreckliche israelische Regierung.

NOTWENDIGE KLARSTELLUNG

Ich weiß, dass das Folgende viele genau jetzt nicht hören oder lesen wollen. Aber die Hamas ist nun einmal eine Terror- und v.a. eine Todeskult-Truppe. Und zu ihrem Todeskult gehört auch die Opferung der eigenen Leute im Kampf gegen den ideologischen Feind.
Wie will man mit einer solchen Truppe eine politische, also eine auf Verständigung und Ausgleich beruhende Lösung finden?
Vorschläge sind hier und anderswo jederzeit willkommen. Aber bitte Vorschläge, kein Geseier im Stile eines „Israelisgnausoschlimm“.

Und wenn ich schon dabei bin: Der 07.10. hat weitaus mehr mit Nine-Eleven zu tun als mit dem 30.01.1933. Ich habe immer weniger Verständnis dafür, dass manchen hier mal wieder die ganze deutsche Geschichte um die Ohren fliegt. Es geht um Islamofaschismus, nicht um die Deutsche Schuld.